< Back

Benchmarking-Datenbasis zur digitalen Reife von Bergdestinationen

mit Prof. Dr. Andrea Back und Janic Cavelti

In Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen hat Inside Labs vor Kurzem eine Benchmark-Untersuchung zur digitalen Reife von Bergdestinationen durchgeführt. Im folgenden Q&A teilen Prof. Dr. Andrea Back von der Universität St.Gallen und Janic Cavelti von Inside Labs ihre Gedanken zum gemeinsamen Forschungsprojekt.




Andrea Back, Sie leiten an der Universität St. Gallen den Lehrstuhl für Digital Strategy, Transformation, and Innovation. Was sind die zentralen Fragestellungen Ihrer Forschung?

Andrea Back: In diesem Arbeitsgebiet entwickeln wir Managementinstrumente für Entscheidungsträger:innen, welche für die digitale Transformation im Unternehmen verantwortlich sind. In der Praxis liegt diese Verantwortung meistens beim Chief Digital Officer oder dem Director of Digital Transformation.

Unser Ziel ist es, eine Art Werkzeugkoffer mit Managementinstrumenten für die Strategiearbeit in der digitalen Transformation zusammenzustellen. Die Verantwortlichen in den Unternehmen sollen mit systematischen und professionellen Methoden unterstützt werden.

Das Set beinhaltet verschiedene Managementinstrumente wie beispielsweise:

  • Reifegradmodelle für Digitale Transformation
  • eine Methode zur Entwicklung der Digitalisierungsstrategie für KMUs
  • ein Bewertungsschema für den Vorbereitungsgrad eines Unternehmens für ein Intrapreneurship-Programm
  • ein Steuerungstool für das agile Controlling der Digitalen Initiativen

Wir überlegen uns, diese "Sammlung" per Ende 2025 für die Praktiker:innen in den Unternehmen als Website oder visuelles Handbuch zu publizieren.




Welche Rolle spielen Reifegradmodelle bei der Forschung zur digitalen Transformation?

Andrea Back: Reifegradmodelle sind eine Art „Schweizer Taschenmesser“. Sie gehören in jeden Digital-Transformation-Werkzeugkoffer und können für verschiedene Zwecke eingesetzt werden.

Zum einen eignen sich Reifegradmodelle im Zusammenhang mit der Erhebung von Benchmarkdaten. In diesen Fällen geht es darum, den Status Quo über die digitale Reife verschiedener Branchenteilnehmer oder Vereinen zu beurteilen (wie im Projekt mit Inside Labs, siehe nächste Frage).

In den meisten Fällen entwickeln wir aber als Lehrstuhl organisationsspezifische Reifegradmodelle für einzelne Unternehmen, welche diese dann für die Ableitung von digitalen Initiativen und für Fortschrittsverfolgung der eigenen digitalen Transformation nutzen.




Welche Ziele wurden im gemeinsamen Forschungsprojekt mit Inside Labs verfolgt?

Andrea Back: Der Auftrag von Inside Labs war, eine Benchmark-Datenbasis zur digitalen Reife von Bergdestinationen zu entwickeln.

Inside Labs hatte für die Einschätzung der digitalen Reife von Bergdestinationen bereits ein eigenes Reifegradmodell entwickelt und dies bereits mehrfach angewendet. Das gemeinsame Projekt sollte nun auch einen Peer-Vergleich zwischen den verschiedenen Destinationen ermöglichen. Dazu braucht es eine Datenbasis für einen aktuellen Benchmark. Diesen haben wir durch eine solide, forschungsbasierte Erhebung bei Bergdestinationen im Alpenraum geschaffen.

Solche Branchen-Benchmarks sind für Destinationen sehr interessant, da sie wissen möchten, wo sie im Vergleich zu Mitbewerbern oder Peers stehen. Solche Branchen-Benchmarks sind aber selten zu finden. Zum einen, weil das Sammeln vieler ehrlicher Rückmeldungen verschiedener Branchenvertreter sehr aufwändig ist. Zum anderen muss die Datengrundlage regelmässig aktualisiert werden. Denn wie im Sport erhöht sich der Leistungsstand der Branche und die Unternehmen entwickeln sich stetig weiter.




Was waren die wichtigsten Erkenntnisse der durchgeführten Benchmark-Erhebung?

Janic Cavelti: Grundsätzlich war es spannend zum ersten Mal eine destinationsübergreifenden Analyse der digitalen Reife der verschiedenen Destinationen durchzuführen. Der Benchmark zeigt, dass die Stärken & Herausforderungen bei vielen Destinationen ähnlich sind. Konkreter lassen sich die Erkenntnisse in die Dimensionen Technologie, Menschen und Prozesse unterteilen:

  • Bezüglich Technologie haben wir festgestellt, dass viele Destinationen in der Awareness Phase, wenn es darum geht, Gäste während der Reisevorbereitung zu inspirieren, gut aufgestellt sind. Jedoch offenbart sich eine Lücke bei der digitalen Begleitung vor Ort, beispielsweise in Form wetterabhängiger Tagesempfehlungen, personalisierter Restauranttipps oder datenbasierter Angebotsgestaltung.
  • Bei der Dimension Mensch zeigt sich, dass die genauen Zuständigkeiten für digitale Belange häufig noch unklar sind. Der Aspekt des Change Managements, also die Fähigkeit, das Personal auf dem Weg der Digitalisierung mitzunehmen, ist bei vielen Destinationen ebenfalls noch nicht ausreichend entwickelt.
  • Mit Blick auf die Prozesse in den Destinationen ist festzustellen, dass viele Destinationen ihre Zielgruppe klar definiert und intern kommuniziert haben. Dies legt einen wichtigen Grundstein, um diese Zielgruppen fokussiert und stringent digital begleiten zu können. Allerdings legen nur wenige von ihnen klare Erfolgskennzahlen fest und messen ihre Fortschritte regelmässig. Hinzu kommen oft unklare definierte Entscheidungsbefugnisse, um bei auftretenden Differenzen handlungsfähig zu sein.


Gesamtübersicht zur digitalen Reife der Dimensionen Technologie, Mensch und Prozesse




Welche praxisorientierten Empfehlungen lassen sich aus dem Projekt für einzelne Destinationen ableiten?

Janic Cavelti: Der Benchmark zeigt wie wichtig es ist, bei der Digitalisierung der Gästebeziehung alle Phasen der Customer Journey von Awareness bis Post-Stay zu berücksichtigen. Eine genaue Analyse der verschiedenen Touchpoints hilft dabei, Lücken in der digitalen Gästebeziehung zu erkennen und zu schliessen. So ist es empfehlenswert z.B. bei buchbaren Angeboten - egal ob Bergbahnticket, Aktivität oder Übernachtungsmöglichkeit - Systembrüche zu vermeiden. Oder mit einem einheitlichen Login-Bereich Gästeprofile zu schaffen, mit denen die Destinationen nicht nur die Buchungen vereinfachen, sondern auch personalisierte Tagestipps an Gäste verschicken können, wenn sie tatsächlich vor Ort sind.

Die Destinationen mit den höchsten Digital Maturity Scores konzentrieren sich jedoch nicht nur auf die Implementierung neuer Technologie, sondern arbeiten parallel dazu auch an der Etablierung einer langfristigen Digitalstrategie und entwickeln ein internes digitales Skillset.








Weiterführende Links für dich:


Alle aktuellen Updates, interessante Case Studies und neue Inspiration zu diversen Digitalisierungsthemen findest du auch in unserem monatlichen inside bulletin Newsletter.

Jetzt anmelden.